Ein Kölner Polizist im Einsatz in Saint-Jean-de-Monts an der französischen Atlantikküste

Ortseingang Saint-Jean-de-Monts
Ein Kölner Polizist im Einsatz in Saint-Jean-de-Monts an der französischen Atlantikküste
Saint-Jean-de-Monts ist ein kleiner Ort an der Atlantikküste in der südlichen Bretagne. Zur Sommerzeit verbringen dort während der gesamten Hochsaison rund 140.000 Touristen, darunter ca. 50.000 Deutsche, ihren Sommerurlaub.
Polizei Köln, Yannick Gutsche

Im Sommer 2019 habe ich für etwas mehr als 3 Wochen die Gendarmerie in Frankreich unterstützt. Das wurde mir durch das Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen (IM NRW) ermöglicht, welches im Rahmen des Programms „Europäische Kommissariate“ Stellen für Polizeibeamte aus Deutschland in verschiedenen Dienststellen in Frankreich ausgeschrieben hatte. Ich wurde der Gendarmerie im Departement Vendée in der Region Pays de la Loire in der Stadt Saint-Jean-de-Monts zugeteilt.

In Deutschland bin ich Polizeibeamter des Landes NRW und zurzeit in der Projektgruppe „Rennen“ tätig, die an die Verkehrsinspektion 1 des Polizeipräsidiums Köln angegliedert ist.

 

Saint-Jean-de-Monts

Saint-Jean-de-Monts ist mit rund 8.700 Einwohnern ein eher kleiner Ort an der Atlantikküste. Dieser Ort liegt ca. 130 Km nördlich von „La Rochelle“ in der südlichen Bretagne. Zur Sommerzeit verbringen dort während der gesamten Hochsaison rund 140.000 Touristen, darunter ca. 50.000 Deutsche, ihren Sommerurlaub. Zu dieser Zeit werden alle Dienststellen (Brigaden) der Gendarmerie geöffnet, die zur Wintersaison teilweise oder gänzlich geschlossen sind. Unterstützungskräfte werden aus ganz Frankreich und ggf. aus anderen europäischen Ländern zur Einsatzbewältigung herangezogen.

Meine Unterbringung erfolgte in einem Unterkunftsgebäude neben der Hauptwache, in dem auch die verschiedenen französischen Unterstützungskräfte untergebracht waren.

 

Mein Dienst und die Dienstzeiten

Die Dienstzeiten unterschieden sich sehr zu den Dienstzeiten in den Wintermonaten. Insbesondere beim Nachtdienst in den Sommermonaten gab es Bereitschaftszeiten vor und nach dem eigentlichen Nachtdienst. Vor dem Nachtdienst musste man sich mit seinem Diensthandy von 20 bis 22 Uhr und nach dem Nachtdienst von 6 bis 7 Uhr für dringende Einsatzanlässe bereit halten. Auch im Tagesdienst gab es Bereitschaftszeiten, welche tagtäglich an das Einsatzgeschehen angepasst wurden. Der „normale“ Tagesdienst war von 8 bis 12 Uhr und 14 bis 18 Uhr oder von 9 bis 13 Uhr und 17 bis 20 Uhr festgelegt. Auch hier war stets eine Bereitschaftszeit von einer Stunde oder länger, je nach Einsatzgeschehen, vor dem eigentlichen Dienstbeginn vorgesehen.

Von 12 bis 14 oder 13 bis 17 Uhr gab es immer eine Mittagspause, damit die Beamten der Gendarmerie mit ihren Familien zu Mittag essen konnten. In dringenden Angelegenheiten waren sie aber stets über ihr Diensttelefon erreichbar. Ich war regelmäßig in die unterschiedlichen Dienste eingebunden und je nach Einsatzgeschehen mal mit einem oder mit zwei Gendarmen unterwegs.

 

Einsatz an der Strandpromenade und bei den „fliegenden Händlern“

An der Strandpromenade, sowie in einigen touristischen Straßen, die zum Meer hinführten und Diskotheken und mehrere Bars beherbergten, gab es erfahrungsgemäß den größten Personenandrang und folglich auch das größte Einsatzgeschehen. Wir führten in jedem Dienst mindestens einmal eine Fußstreife in den entsprechenden Straßen durch.

Die Stimmung der Urlauber und die Zusammensetzung der Personengruppen wandelten sich immer ab Mitternacht . In den Straßen, in denen zuvor Familien mit Ihren Kindern unterwegs waren, fanden sich nun insbesondere jugendliche Gruppen ein, die in Bars und Diskotheken strömten und alkoholische Getränke zu sich nahmen. In den Nachtstunden kam es dann aufgrund des erhöhten Alkoholkonsums zu zahlreichen Einsätzen wegen Körperverletzungen und ähnlichen Delikten. Dies führte im weiteren Verlauf oftmals zu Ingewahrsamnahmen.

Am dritten Tag meines dienstlichen Aufenthalts hatten wir einen groß angelegten Einsatz mit dem Zoll und vielen weiteren Dienststellen der Sicherheitsbehörden. Das Ziel waren die „fliegenden Händler“, die während der Hauptsaison in zum Teil nicht angemeldeten Ladenlokalen vermeintliche Markenprodukte an Touristen verkaufen. Diese sogenannten „Fake-Markenartikel“ wurden sichergestellt und beschlagnahmt und im Anschluss durch den Zoll auf Fälschungsmerkmale überprüft. Bei diesem Einsatz konnte ich feststellen, dass es taktisch und rechtlich kaum Unterschiede zu der Vorgehensweise bei uns gibt.

Einsätze mit deutschen Touristen hielten sich in Grenzen. Vereinzelt wurde ich von deutschen Urlaubern angesprochen und ein wenig über meine Anwesenheit in Frankreich befragt. Die deutschen Touristen begegneten mir stets mit großem Interesse und sahen die europäische Zusammenarbeit immer als eine sehr positive Entwicklung. Auch würden sie sich jetzt „sicherer“ in ihrem Urlaub fühlen. Aber auch von den Einheimischen bekam man durchweg positive Kommentare zu hören.

 

Eine besondere Ehre

Im Verlauf meines Aufenthalts hatte ich die Ehre, auf den Dienstpferden der berittenen Gendarmen Platz zu nehmen. Die Dienstpferde der Gendarmen werden insbesondere zu offiziellen Anlässen und zu Demonstrationen eingesetzt. Die Pferde wiegen zwischen 650 und 800 Kilogramm , haben eine Sattelhöhe von ca. 1,60 m bis 1,80 m und gehören der Pferderasse der „Boulonnais“ an. Diese Pferderasse wird deshalb bevorzugt, da diese Rasse hohe Lasten tragen kann, sich die Pferde durch eine gewisse Kämpfer-Mentalität auszeichnen, aber zugleich sehr einfühlsam und intelligent sind.

 

Aufbau und Geschichte der Gendarmerie

Die Gendarmerie ist eine der ältesten Sicherheitsbehörden Frankreichs und war dem Militär angegliedert. Heute ist diese militärische Polizei dem französischen Innenministerium unterstellt. Die Gendarmerien in Frankreich sind eher in den ländlichen Bereichen und in Städten bis zu einer Einwohnerzahl von ca. 20.000 bis 30.000 vorzufinden.

Neben den „normalen Gendarmen“ gibt es noch die „Gendarmerie mobile“, welche vergleichbar mit unseren Einsatzhundertschaften ist.

Auch kann man als Freiwilliger in der Gendarmerie Dienst versehen, sofern man zuvor als „geeignet“ eingestuft wurde und ein mehrmonatiges militärisches Praktikum erfolgreich absolviert hat. Im Anschluss an diesen Freiwilligendienst kann man aber auch die Unteroffizierslaufbahn einschlagen, die dann mit einer zweijährigen schulischen und militärischen Ausbildung verbunden ist. Nach sechs Jahren als Unteroffizier besteht ebenfalls die Möglichkeit eine Offizierslaufbahn einzuschlagen, die dann mit einem zweijährigem Studium und Aufenthalten in verschiedenen Dienststellen absolviert wird.

 

Deutsch-Französische Zusammenarbeit

Es hat nicht lange gedauert bis ich mich gut eingearbeitet, die alltäglichen Abläufe verstanden hatte und meine Kollegen unterstützen konnte. Das lag insbesondere daran, dass die französischen Kollegen stets höflich zu mir waren und mir immer hilfsbereit zur Seite standen.

Mir wurde im Streifendienst viel von der Umgebung und deren Kriminalitätsschwerpunkten gezeigt. Jede meiner Frage wurde mir stets höflich beantwortet. Es kam mir nie so vor, dass ich nur ein störender Gast sei, sondern ich hatte vielmehr das Gefühl, dass die Kollegen dankbar waren, dass noch jemand mehr „mit anpacken konnte“.

Die französischen Kollegen haben alles getan, um mir den dienstlichen Aufenthalt so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten. Sie haben mir viele Sachen gezeigt und ich durfte Vieles ausprobieren.

 

Fazit

Ich wäre gerne länger geblieben und kann jedem Kollegen nur empfehlen, eine solche Chance wahrzunehmen. Ich habe nicht nur nette Kollegen kennengelernt, sondern auch die ein oder andere Freundschaft geknüpft. Die Erfahrungen dort waren wertvoll, um einen Vergleich zu haben, wie die Polizeiarbeit „bei unseren Nachbarn“ aussieht.

Im Verlauf meines Aufenthalts wurde ich von dem Radiosender „France bleu“ zu meinem dienstlichen Aufenthalt in Frankreich interviewt und es ist ein Zeitungsartikel hierzu erschienen. Der Zeitungsartikel ist hier abrufbar. Zusätzlich wurden die französischen Kollegen und ich zeitweise durch ein Fernsehteam des Fernsehsenders „TFX“ begleitet. Die Aufnahmen hieraus werden ab nächstem Sommer (Sommer 2020) im französischen Fernsehen ausgestrahlt.

In dringenden Fällen: Polizeinotruf 110